20.03.2019: Neue Ausstellung im Stadtmuseum

Wir hoffen, dass wir bald bei dir sind...

„Wir hoffen, dass wir bald bei dir sind“, lautet der Titel einer Ausstellung im Stadtmuseum Hofgeismar, die an die Kindertransporte aus dem Deutschen Reich und den besetzten Gebieten vor 80 Jahren erinnert. Es ist ein Satz aus dem Kinderbuch „In Meiner Tasche”. Dorrith Sim, geb. Oppenheim, aus Kassel beschreibt darin die Geschichte ihrer eigenen Flucht als 7-jähriges jüdisches Kind.

Sie war eines von 10.000 geretteten Kindern, die im Rahmen einer beispiellosen Rettungsaktion in England aufgenommen wurden.

 

Der innige Wunsch von Hans und Trude Oppenheim aus Kassel, bald wieder bei ihrer kleinen Tochter zu sein, erscheint wie eine Beschwörungsformel, bedenkt man ihre Situation als Juden im Oktober 1939 im Deutschen Reich. Nach den Verfolgungen und der Bedrohung seit 1933 und besonders unter dem Eindruck der Novemberpogrome in Kassel hatten sie sich im Sommer 1939 schweren Herzens entschieden, ihr einziges Kind fortzugeben und ins sichere Ausland bringen zu lassen.

Mit dem Ausbruch des Krieges am 1. September 1939 war es aussichtslos für die Oppenheims, noch aus Deutschland herauszukommen. Dorrith sollte ihre Eltern nie wiedersehen, sie wurden am 12. Oktober 1944 in Auschwitz ermordet.

 

Insgesamt wurden 18.000 Kinder nach England, in die USA, die Schweiz, nach Holland, Schweden, Australien oder Palästina in Sicherheit gebracht. 1,5 Millionen Kinder waren dagegen unter den Opfern des Holocaust.

Die Hofgeismarer Ausstellung dokumentiert die Rettung jüdischer Kinder nach England. Sie zeigt, wie es unzählige Helfer möglich machten, innerhalb weniger Monate 10.000 Kinder aus Deutschland und den besetzten Gebieten herauszuholen und in England und Schottland in Familien oder Heimen unterzubringen. Die britische „Willkommenskultur”, wie man sie heute nennen würde, die Organisation, die Helfer, die Transporte aus der Sicht der Eltern und der Kinder selbst werden konkretisiert am Beispiel der Lebensgeschichten der Dorrith Sim aus Kassel und der beiden Hofgeismarer Jungen Erwin Goldschmidt und Hans Alfred Mathias. Ihr Weg heraus aus dem Deutschen Reich und das Schicksal ihrer Familien sind Thema der Ausstellung, aber auch ihr individueller Weg, mit den prägenden Kindheitserlebnissen von Ausgrenzung und Verfolgung fertig zu werden, vor allem aber – wie bei den meisten der geretteten Kinder – mit der Tatsache der Ermordung ihrer Eltern.


Für dieses Ausstellungsprojekt hatten sich Schüler von zehn Grundschulklassen aus Kassel, Hofgeismar und Trendelburg unter der Anleitung der Museumspädagogen auf der Grundlage des Buches „In Meiner Tasche” intensiv mit den Themen Ausgrenzung, Verfolgung, Trennung und Flucht beschäftigt. In einem zweiten Schritt las jede Klasse eine von zehn lustigen Kindergeschichten um „Tante Aggie“, die die spätere Autorin Dorrith Sim für Kinder geschrieben hat, und gestaltete sie zu illustrierten Büchern. Dass Dorrith Sim solche lustigen Geschichten schreiben konnte, erstaunte die Kinder:

„Man kann trotzdem fröhlich sein im Leben, auch wenn man früher etwas Schlimmes erlebt hat.“ So fasste ein Achtjähriger seine Erkenntnis zusammen. Nicht jedem der damaligen Flüchtlingskinder gelang, was Dorrith Sim schaffte: Trotz der Verlusterfahrungen in ihrer Jugend konnte sie ihre Lebensfreude behalten und an andere weitergeben. Mit den zehn illustrierten Kindergeschichten wagt die Hofgeismarer Ausstellung bewusst einen starken und bunten Kontrast zum historischen Hintergrund und der Dokumentation tragischer Kinderschicksale vor 80 Jahren. Mit diesem deutlichen Akzent richtet sich der Blick der Ausstellung von der Vergangenheit auf die Zukunft.

„Ich finde, es ist egal welche Religion man hat, oder ob man eine andere Sprache hat. Alle Menschen sind gleich.“ Diese Sicht der heutigen Kinder lässt hoffen.

 

„Wir hoffen, dass wir bald bei dir sind“

28. April 2019 bis 14. Juli 2019

Stadtmuseum Hofgeismar
Petriplatz 2, 34369 Hofgeismar
Tel.: 05671/4791

 

Öffnungszeiten:

Montag                      10 – 12 Uhr                           Freitag                        17 – 19 Uhr
Dienstag                    10 – 12 Uhr                          Samstag                     geschlossen
Mittwoch                   15 – 18 Uhr                         Sonn- und              11 – 13 Uhr und
Donnerstag               10 – 12 Uhr                          Feiertage                    15 – 18 Uhr